Offener Brief an die Bundesministerin für For schung und Bil

J

Jens-Uwe Katolla

Guest
Hallo,

einige von euch haben sicher mitbekommen, das zahlreiche chemie
begeisterte und Käufer von Chemikalien mit einer Hausdurchsuchung
beglückt worden sind.

Aus dem Forum versuchschemie.de hat deshalb ein Forenmitglied einen
offenen Brief an die Bundesministerin für Forschung und Bildung Frau Dr.
Schavan verfasst und ihn in den unten angefügten verteiler gebeben.

Ich hatte den Einfall diesen Brief auch im Usenet zu veröffentlichen und
wurde auch von dem Verfasser des Briefes gebeten diese Veröffentlichung
ins Usenet durchzuführen.

Ich habe bewußt Crossposting in einige verschiedene Gruppen gemacht, da
ich denke in diesen Gruppen können am ehesten potentiell Betroffene
vertreten sein.

Vor dem eigentlichen Wortlaut des Briefes die bitte an alle Betroffenen,
bitte meldet euch (so noch nicht geschehen) doch mal in dem besagten
forum an und berichtet was ihr erlebt habt. (Weshalb wurdet ihr besucht,
was ist während der Durchsuchung vorgefallen, wurde was mitgenommen, was
passierte hinterher...)

Es währe schön eine Übersicht über weitere Betroffene zu bekommen.

So, hier der Wortlaut des offenen Briefes wie er auch ins Forum und an
die unten genannten Empfänger ging:

== Offener Brief ==

Abschriften online und/oder per Postweg:
Spektrum der Wissenschaft
Gesellschaft Deutscher Chemiker
Financial Times Deutschland
Frankfurter Allgemeine Zeitung
taz - die tageszeitung/ Wissenschaft
Junge Welt
Junge Union
Jungliberale
['solid] - die sozialistische jugend


Verehrte Frau Bundesministerin, liebe Anette Schavan!

Von einem Offenen Brief erwartet man gewohnheitsmäßig, daß der Adressat
der Stein des Anstoßes sei. Dieser Protest nimmt ausnahmsweise an ganz
anderen Persönlichkeiten Anstoß und bittet Sie, als Empfängerin,
eindringlich um Kenntnisnahme und um Hilfe!

Es geht um eine beispiellose Serie großenteils eindeutig rechtswidriger
Hausdurchsuchungen gegen Chemiestudenten und Amateurchemiker,
vornehmlich im jugendlichen Alter. Über Hergang und Einzelheiten
informiere ich Sie weiter unten.

Wenn auch selbst nicht betroffen und auch nicht mehr in jugendlichem
Alter, agiere ich stellvertretend für die Geschädigten, zumal einige von
ihnen Teilnehmer meines Internetportals www.Versuchschemie.de und
teilweise auch in Jugend-Forscht aktiv sind. Versuchschemie.de wurde vor
Jahren von einem begabten Jugend-Forscht-Teilnehmer und heutigen
Chemiestudenten gegründet und vor einem Jahr von mir übernommen.

Ereignisberichte und Diskussionen über dieses Vorgehen der
"Staatsgewalt" haben sich im Diskussionsforum unseres Portals auch
konzentriert. Trotz das betreffende Forenthema bereits so umfangreich
geworden ist, daß ich ein Studium von über 70 Internetseiten Ihnen wohl
kaum noch zumuten kann, erhalten Sie den Link natürlich dennoch:
http://www.versuchschemie.de/ptopic,77368.html

Auch die Journalistin Bettina Winsemann hat für heise-telepolis mit
einem Artikel ("Terrorfahndung in Kinderzimmern") die Ereignisse
aufgegriffen: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21622/1.html

Auslöser des ganzen war wohl ein 27-jähriger Kölner, der ohne
Gewerbeschein und auch sonst gewerberechts- und strafrechtswidrig
offenbar seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Laborchemikalien
über das Internet bestritt. Obwohl dieser jegliche Arten von
Laborchemikalien angeboten haben soll, also ebenso kostbare Analytika,
bestand wohl ein Schwerpunkt auf Zutaten für Pyrotechnika. Zudem sollen
auf seiner Homepage Anleitungen für die Herstellung von
Feuerwerkskörpern enthalten gewesen sein (was selbst nicht rechtlich
anfechtbar ist). Soweit so gut, rechtswidrig ist numal rechtswidrig.
Offensichtlich kam aber nun der leitende Staatsanwalt auf die verwegene
Idee, alle offenbar 700 Kunden besagten Online-Händlers mit
Hausdurchsuchungen heimzusuchen, von denen, wie gesagt, die allermeisten
sich als eindeutig ungerechtfertigt, faktisch rechtswidrig
herausgestellt haben. Die Argumentation der Beteiligten war wohl die,
wer auf dieser Homepage mit Bauanleitungen für Feuerwerkskörper
Chemikalien bestellt habe, müsse dann wohl auch Ungesetzliches mit den
zugesandten Artikeln im Schilde führen. So wurden unzählige
Hausdurchsuchungen "gerechtfertigt" mit dem "Verdacht" des Verstoßes
gegen das Sprengstoffgesetz. Nun sieht es aber so aus, daß die einen
solchen Vorwurf stützenden Beweismittel mehr als mager gewesen sein
müssen und unter Einhaltung der Strafprozessordnung, des
Polizeiaufgabengesetzes usw. in fast allen Fällen unmöglich zu einer
Hausdurchsuchung auf rechtsstaatlicher Grundlage hätten führen dürfen.
In den allermeisten Fällen ergangener Hausdurchsuchungen scheint den
Beamten ziemlich sicher nichts weiter vorgelegen zu haben, als ein
Kontoauszug, allerhöchstens noch ein Paketschein, jedoch keinerlei
Hinweis darauf, was genau derjenige überhaupt bestellt hatte. So konnte
es kommen und führte wohl auch dazu, daß selbst solche Kunden dieses
Online-Händlers mit einer so schwerwiegenden Sanktion belegt wurden, die
nichts weiter als destilliertes Wasser oder schlicht und einfach gar
nichts bei diesem Herrn bestellt hatten, sondern nur wegen einer Anfrage
in dessen Datensätzen geführt waren.

Ich habe auf Versuchschemie.de eingescannte Durchsuchungsbeschlüsse
gesehen, bei denen wohl selbst den Chemie- und Rechts-unkundigsten
Menschen die Haare zu Berge gestanden hätten. Teilweise wurden "Diethyl"
(so etwas gibt es gar nicht, vermutlich sollte Diethylether gemeint
sein), Natriumhydroxid und Kupfersulfat (!) auf dem
Durchsuchungsbeschluß als "explosionsgefährliche Stoffe" aufgezählt,
also faktisch aus der Bestellung von Kupfersulfat ein "Verstoß gegen das
Sprengstoffgesetz" hergeleitet. Bemühen Sie Ihre ganze Fantasie und
stellen Sie sich so etwas bitte einmal bildlich vor und versuchen dabei
obendrein, sich das Lachen zu verkneifen!

Desweiteren unrechtmäßig waren bei etlichen Hausdurchsuchungen nicht
einmal Sachverständige anwesend, Batterien (!) wurden einem Geschädigten
in kaum mehr zu übertreffend tumber Bösartigkeit von einem Polizisten
mit "Damit zündet er also seine Bomben" quittiert, einem anderen wurden
Platinen-Ätzmittel für die Herstellung elektronischer Baugruppen
beschlagnahmt, reihenweise wurden Computer eingezogen, als auch
etikettierte Chemikalien, die harmloser sind, als Stoffe, die man in der
Haushaltsabteilung eines Supermarkts bekommt. In Abwesenheit von
Sachverständigen sind Chemikalien teils in Kartons verpackt und per PKW
abtransportiert worden, ohne die geringste Kenntnis über die Chemikalien
zu haben und natürlich, ohne an Vorschriften über Gefahrguttransporte zu
denken. Nun sollte es also zu Situationen gekommen sein, die man sich
schon mit nur wenig Fantasie so ausmalen kann, daß Polizisten über dem
Lesen von Liebesbriefen eines Jugendlichen feixen und sich auf die
Schenkel klopfen, dessen Computer auf Grund einer rechtswidrigen
Hausdurchsuchung beschlagnahmt wurde.

Frau Schavan, es fällt mir nicht leicht, zu sagen, was in mir vorgeht!
Meine Vermutungen gehen in Richtung einer Initiierung durch den ehem.
Bundesminister Schily persönlich, in Zusammenhang mit einer persönlichen
Absegnung auch eventueller rechtswidriger Handlungen im Amt. Gewiß ist
dies eine schwerwiegende Unterstellung, wir alle wissen jedoch, was wir
uns unter dem erwähnten Namen vorstellen müssen und auch niemand würde
sonderlich überrascht sein, vor der Ereigniskette, die allein in den
letzten Amtswochen des Ministers mit seinem Namen verbunden war. Wenn
ich den Deckel über diesem Kochtopf anhebe, Frau Schavan, sehe ich ein
ganz ganz krudes Gebräu aus bis zu hahnebüchener Lächerlichkeit falsch
verstandener Terrorismus-Prävention, stillschweigend Rechtsbrüche
duldender Kumpanei zwischen einzelnen Figuren aus Politik und Behörden,
banalen menschlichen Schwächen (welcher Vorort-Staatsanwalt möchte nicht
auchmal "was mit Terrorismus" auf dem Schreibtisch haben, wenigstens in
Deutschen Kinderzimmern als "Tatort"?) und wahrscheinlich auch bewußten
Täuschungen von Amtsrichtern durch Staatsanwälte über die tatsächliche
Bedeutungsschwere ermittlungstechnischer Anhaltspunkte, um sich
Durchsuchungsbeschlüsse gleichsam zu erschwindeln. Ohne jeden Zweifel
liegen hier allermindestens einige, wahrscheinlich aber eine Vielzahl
rechtswidriger Durchsuchungs- und Beschlagnahmungsbeschlüsse vor, die
als Verstöße nicht nur gegen die StPO, auch gegen das Grundgesetz,
wahrscheinlich sogar Straftaten im Amt, nämlich Rechtsbeugung und
Verfolgung Unschuldiger anzeigen. Und das vor dem Hintergrund, daß
wirklich gefährliche Vorgänge, wie die Hamburger Terrorvorbereitungen im
Vorfeld des 11. September 2001 von denselben Behörden nichteinmal
bemerkt worden sind. Und immer wieder der Ruf laut wird, man habe zu
wenige Mittel und Kräfte, um Deutschland vor dem Terrorismus zu
bewahren, während genau diese Kräfte gerade dabei sind, Kinderzimmer
Deutscher Familien zu durchwühlen, um dort Zucker und Salz (beides
"weiße Pulver") zu beschlagnahmen. Sicherlich war derart
unverhältnismäßiges, wüstes und rechtswidriges Vorgehen gegen
überwiegend Jugendliche auch noch begünstigt durch jüngste
Verschärfungen, unter anderem im Sprengstoffgesetz (Verschärfungen,
welche selbst Stimmen aus der Gewerkschaft der Polizei schon eine
"Lachnummer" nannten), die eines nahen Tages wohl noch zur Verhaftung
von Kleinkindern führen werden. (Wenn ich jetzt nicht irre, ist sogar
das Herstellen einer Wunderkerze, bis vor kurzem noch Schulversuch in
der Grundchemie, damit zur Straftat inkrimiert worden(!). Und im Übrigen
worden einige Übernahmen von EU-Vorgaben in nationales Recht sogar als
ganz banale Übersetzungsfehler aus dem Englischen entlarvt!). Selbst
unter diesen jüngst verschärften und also teilweise sogar irrtümlich
verschärften Vorraussetzungen aber war diese Hausdurchsuchungswelle im
Großen und Ganzen immernoch ein gewaltiger Rechtsverstoß!

Bitte denken Sie nicht, ich würde Sie nun mit dem richtigen
Ansprechpartner verwechselt haben, schließlich sind Sie keine
Staatsanwältin. Ich muß nur zu bedenken geben, daß bei allen
Geschädigten, einschließlich ihrer Angehörigen, eine Hausdurchsuchung
derart einschüchternd und lähmend wirken wird und die Betroffenen selbst
meist gar nicht die Rechtskunde und dann auch noch die Geduld und das
notwendige Geld besitzen, um die Rechtswidrigkeit eines solchen
Rollkomandos zu erkennen und sich zäh dagegen zu wehren.
Hier wurden wahrscheinlich zu Hunderten gerade solche Jugendliche
unseres Landes heimgesucht, über deren Kreativität und
naturwissenschaftliche Neugier wir eigentlich ungeheuer froh sein
sollten! Als Forschungsministerin sehe ich in Ihnen auch eine Art
Schutzpatronin vor allem der Jugend. Ich kann mir auch gut vorstellen,
daß Sie damit ohnehin schon einen kleinen Kulturkampf gegen die
Begehrlichkeiten ganz anderer Ressorts führen müssen und in den ich
Ihnen hiermit nun auch noch weiteres Öl gieße.

Über die maximal zumutbare Größe eines solchen Briefes habe ich sehr
wohl mindestens eine Nacht lang den Schlaf verloren, ich kann mich
dennoch kaum zurückhalten, mir noch einiges in diesem Zusammenhang von
der Seele zu reden! Es gibt Entwicklungen in unserem Lande - und das
hier geschilderte ist wohl Ausdruck einer solchen - die wir nicht
hinnehmen wollen und auch nicht hinnehmen dürfen! Seit Jahrhunderten ist
kreative Jugend, ist der Insektensammler und der Tierbeobachter, ist der
Junge mit dem Reagenzglas, der Gesteinsproben in Salpetersäure
aufschließt, ein weltberühmtes Abbild unserer Kultur! Nie habe ich mir
vorstellen können, daß Lobbyisten und Sicherheits- und
Überwachungsfanatikern mit höchst merkwürdigen Ambitionen es wirklich
gelingen könnte, unser Land, unsere gesamte Kultur, unter ihre Fittiche
zu bekommen, zu kontrollieren und systematisch zu lähmen und zu
zerstören. Es tut mir weh, feststellen zu müssen, daß am heutigen Tage
ausgemachte Kulturbanausen wie Otto Schily oder ein erklärter
Jugendfeind wie Günther Beckstein das Schicksal unseres Landes, unserer
Jugend bestimmen dürfen, ihnen unzumutbar große Handlungspielräume
zugestanden werden, mit denen sie drauf und dran sind, Deutschland in
ein hochindustrialisiertes Tiefkühlhaus, einen Polizeistaat zu
verwandeln, auf dem kulturellen Niveau eines Entwicklungslandes. Einen
entkultivierten Polizeistaat, humor- und lieblos, ohne jedes Erbarmen
und einer Jugend, die ihnen stumpfsinnig und eingeschüchtert am liebsten
zu sein scheint, einer Jugend, die mit Selbstständigkeit und Kreativität
sich schon sehr schnell eine "Akte" einhandeln kann. Ein entkultivierter
Polizeistaat, in dem freilich die eigenen zum Rechtsbruch einladenden
Handlungsspielräume solcher Herren immer verschlossener und
uneinsehbarer werden. Ich wage mir nicht vorzustellen, Frau Schavan, was
aus Justus von Liebig, dem Chemiker im jugendlichen Alter wohl geworden
wäre, wäre er als Junge von unstillbarer Neugier in gleichem Maße von
derartigen Rambos überfahren und gelähmt worden, wie die vorwiegend
jugendlichen Geschädigten dieser Hausdurchsuchungswelle. Überhaupt, von
diesen konkreten und symbolträchtigen Ereignissen abgesehen, spüre ich
bei ihnen eine tiefe Verunsicherung, eine atemlähmende Angst davor,
überhaupt noch so etwas wie ein selbstbestimmtes Leben zu versuchen!
Manche fragen schon, ob es denn noch erlaubt sei, überhaupt ein
Reagenzglas in die Hand zu nehmen! Als Betreiber eines vielgeliebten
Chemieportals, das vor allem von Schülern und Studenten genutzt wird,
habe ich im Moment meine Mühe, den Jungs ihre lähmende Apathie, ihre
Angst zu nehmen, Mühe, sie davon abzuhalten, daß sie resigniert ihr
Hobby aufgeben, ihre Neugier begraben!

Sollte tatsächlich Schily persönlich diese bundesweite "Razzia"
angeordnet haben (ein Wunder, wenn nicht), wären das nicht ein weiterer,
sondern hunderte weitere Skandale dieses ehemaligen Ministers nach der
weithin bekannten "Cicero-Aktion". Nur mit dem Unterschied, daß die
Geschädigten hier weder prominent waren, noch Verkörperer einer
gewaltigen Interessensgemeinschaft wie eben der Pressefreiheit. So ließ
sich eine solche bundesweite "Razzia" weitgehend unbemerkt vom Licht der
Öffentlichkeit durchziehen. Noch dazu lassen sich jugendliche
Amateurchemiker der Bevölkerung - auch dank solcher "Aufklärer" wie dem
Magazin Focus - mühelos als "potentiell gefährliche oder verrückte
Individuen" verkaufen, während einem Richter oder Staatsanwalt oder gar
einem Minister kaum jemand grobe Rechtsverstöße zutrauen wird. Solche
Zusammenhänge sind einem Herrn Schily natürlich wohlbekannt. Ansonsten
hätte es längst eine beispiellose Welle öffentlicher Empörung über diese
Hausdurchsuchungsserie gegeben, größer noch, als nach dem Fall Cicero.
Natürlich ist am lächerlichen Focus-Ton zumindest ein kleines Stückchen
wahr, eine verhältnismäßig kleine Zahl ausschließlich an Feuer und Knall
interessierter Jugendlicher ohne erkennbares Interesse an der
Wissenschaft gibt es natürlich sehr wohl. Diese werden aber auch aus
allen seriösen Internetportalen herausgehalten oder noch besser über die
möglichen Folgen ihrer Interessen und auch die mögliche Rechtswidrigkeit
aufgeklärt. Der "gefährliche Hobbychemiker", wie der Focus ihn in
dramatischen Opern-Akkorden ausmusiziert, ist freilich ausgemachter
Blödsinn, bewußte Böswilligkeit, absichtliche Leserverdummung und
verkaufsfördernde Sensations-Erfinderei. Freilich fruchtet so etwas ja
auch auf dem Boden eines teils katastrophalen Allgemeinwissens, das von
Presseerzeugnissen solcher Unternehmenspolitik ja auch schon seit langem
niedergehalten und dann profitabel ausgekostet wird. Indem ausgelaufene
Schwefelsäure aus einem verunglücktem Tanklastzug schwarz auf weiß allen
Ernstes zu einer "hochexplosiven Flüssigkeit" werden kann. Und trotz
Pisa-Scham nimmt kaum jemand an derartiger Volksverdummung Anstoß - so
gängig und so normal ist das schon geworden.

Indes, ebensowenig, wie Amateurchemiker Hausdurchsuchungen verdienen,
sind freilich auch meine Namensnennungen keine "versteckten Links" auf
Politker der SPD, oder im Falle Becksteins, der CSU. Sondern
ausschließlich Persönlichkeitsverweise ohne einen Gedanken an ihre
Parteizugehörigkeit. Jeder aber, dem unser Land und seine Kultur noch
etwas bedeutet, kann nur sehnlichst hoffen, daß die Ära von Politikern
solchen "Formats" bald zu Ende gehen mag. Mit Bestürzung, und ich muß
fast sagen, Übelkeit, habe ich gelesen, wie gerade ein Zerstörer unserer
Kultur sich als ihr Retter formulierte. Vielleicht kennen sie die Rede
noch, Frau Schavan, in der Schily die Schließung von Musikschulen als
Gefährdung der inneren Sicherheit brandmarkte. Ganz richtig formulierte
er damals, daß sozialunfähige und damit auch gefährliche
Persönlichkeiten heranwachsen würden, wenn man Jugendliche nur
intellektuell antreibe, jedoch nicht musisch fördere und sie emotional
verkümmern lasse. Dies zu lesen hatte mir sehr weh getan, weil solch
außerordentlich wahre Worte hier aus dem Munde ausgerechnet des Mannes
kamen, der im Amt genau das Gegenteil davon betrieben hat und lies mich
abwenden von einer derart abgebrühten Verlogenheit.

Versuchschemie.de wollte 2006 sogar damit beginnen, besonders kreative
Teilnehmer mit möglicherweise sogar patentreifen Entdeckungen in aller
Öffentlichkeit feierlich auszuzeichnen. Wen sollen wir bitte noch
auszeichnen, der aus Angst vor dem großen Otto Schily und seiner Polizei
schon seine Reagenzgläser weggeworfen hat? Wir haben in unserer
Community ein Beispiel eines nunmehr 18-Jährigen, für dessen geniale
Versuche über Verfahrensweisen sogar die Industrie sich interessieren
könnte, so daß ich ihn gar schon warnen mußte, nicht allzuviel einfach
so zu veröffentlichen, falls die Innovation tatsächlich bisher unbekannt
ist. Auch dieser Jugendliche wurde mit einer Hausdurchsuchung überzogen!

Ich bitte Sie eindringlich, Frau Schavan, sich der geschilderten
Vorfälle anzunehmen, den Dingen nachzugehen, ihren persönlichen Protest
anzumelden! Mittels Öffentlichkeit scheint mir der einzige Weg gegeben
zu sein, den Betroffenen zu helfen, sich dagegen zu wehren und
desweiteren, wenn möglich die verantwortlichen Personen zur Rechenschaft
zu ziehen. Soweit dezidierte Straftaten wie Rechtsbeugung, Verfolgung
Unschuldiger, vorliegen, auch strafrechtlich.

Ganz allgemein, Frau Schavan, flehe ich sie an, in ihrer Amtszeit mit
großer Energie mitzuhelfen, diese furchtbare Tendenz, die ich die
"Entkultivierung unseres Landes" nenne, zu stoppen und zurückzudrängen.
Fördern Sie bitte ganz energisch die Neugier der Jugend auf die
sichtbare und faßbare Natur, das Forschertum, auch das
nichtorganisierte, fördern Sie das selbstständige Denken, Suchen,
Fragen, Fühlen und Träumen, fördern Sie diesen sinnbildlichen Jungen mit
dem Reagenzglas, ein Sinnbild, das Deutschland einstmals in der ganzen
Welt in liebenswürdiger Weise zu einem Begriff gemacht und unserem Land
eine schon sprichwörtliche Bewunderung eingebracht hatte! Und zeigen Sie
bitte ebenso energisch und selbstbewußt jenen Lobbyisten ihre Grenzen
auf, die all dieses Schöne und unsere Zukunft Sichernde besser heute als
morgen zerstört sehen würden!

Die Auswahl der Publikationen, die von dem Offenen Brief Kenntnis
bekommen, war aus einem Gesamteindruck, den jeder einigermaßen
Medienkundige sofort verstehen wird, gegeben. Das im Winsemann-Artikel
erwähnte peinliche Negativbeispiel des "Focus" erzwingt
verständlicherweise eine Auswahl von Druck- oder Internetmedien, von
denen profitorientierter, pervertierter Journalismus nicht erwartet
werden muß. (An einer anderen Stelle steht: "Staatsanwälte sind nunmal
'die Guten' und Hobbychemiker sind 'die Bösen', und jeder Focusredakteur
wird sich hüten, daran etwas zu ändern....", nachdem ein Betroffener
(naiverweise) sich mit einer empörten Email gegen den Focus wenden wollte.)
Ganz am Schluß genehmige ich mir in dem Zusammenhang auch mal etwas
Spott, wenn auch nicht ohne Bitterkeit: in dem monierten Focus-Artikel
stand wohl nur deshalb nicht "Wird sie geköpft?", weil die Betroffenen
im Einzelnen weder entführt worden sind, noch weiblich waren.

Ich werde umgehend die Betroffenen noch einmal bitten, sich für eine
Aufklärung und mögliche Ahndung erlittener Rechtsbrüche zur Verfügung zu
halten.

herzlich und Ihnen im Vorfeld dankend:
Hartmut Schirneck


Hier folgt nun noch ein nichtöffentlicher Teil mit Fragen zu
Auszeichnungen naturwissenschaftlich tätiger Jugendlicher.

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